Seth – Gott der Wüste und des Chaos

Seth - altägyptischer Gott der Wüste und des Chaos
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Seth war der Gott der Wüste und des Chaos.

Er zählte zu den bedeutendsten Gottheiten der ägyptischen Mythologie.

Seth als Gott des Chaos

Seth wurde von den alten Ägyptern auch Set, Sutech oder Setech genannt.

Die alten Ägypter verehrten ihn als Wüstengott, fürchteten ihn aber auch als Urheber von Naturkatastrophen wie Unwettern und Erdbeben.

Außerdem stand er für negative Eigenschaften wie Hass, Gewalt, das Böse, Krieg, Krankheiten und Leid. Daher galt Seth auch als Gott des Chaos.

Sogar im Jenseits waren die Verstorbenen nicht vor ihm sicher, weil er ihre Seelen ergreifen und sie damit endgültig töten wollte.

Zweifelhafte Berühmtheit erlangte Seth auch durch den Osiris-Mythos, in dem er seinen Bruder Osiris aus Machtgier heimtückisch ermordete.

Welche Bedeutung der Name Seth hatte, blieb unbekannt. Erste Erwähnung fand er in der prädynastischen Epoche. Auch in den Pyramidentexten ist sein Name enthalten.

Seths Eigenschaften

Zu Seths markanten Eigenschaften gehörte seine gewaltige Stärke. Er soll ein Zepter getragen haben, das es auf ein Gewicht von 2000 Kilogramm brachte.

Das harte Eisen wurde von den Ägyptern als „Knochen des Seth“ bezeichnet.

Aufgrund seiner Stärke diente Seth als Helfer des Sonnengottes Ra und stand am Bug von dessen Barke, um den Schlangengott Apophis abzuwehren.

Darstellung des Seth

Dargestellt wurde Seth in Form eines Tieres, das eine gekrümmte Schnauze sowie aufgestellte, rechteckige Ohren besaß und einem Windhund ähnelte.

Sein Schwanz richtete sich wie ein Pfeil auf.

Der Kopf des Seth-Tieres wurde später auf den Körper eines Menschen gesetzt. Dieser schmückte sich mit der weißen Krone von Oberägypten oder der Doppelkrone von ganz Ägypten.

Zu welcher Tierart der Kopf des Seth gehörte, ließ sich nicht klären.

Herkunft des Seth

Der Legende nach entstammte Seth dem Erdgott Geb und der Himmelsgöttin Nut.

Er hatte drei Geschwister namens Osiris, Isis und Nephthys.

Seine Schwester Nephthys wurde zu seiner Gemahlin.

Ihm wurden aber noch weitere Ehefrauen wie Astarte, Anat, Neith und Taweret zugeordnet.

Seth war Teil der Neunheit von Heliopolis.

Der griechische Schriftsteller Plutarch (um 45 bis 125 n. Chr.) setzte ihn mit dem griechischen Gott Typhon gleich.

Nach Plutarch fiel Seths Geburtstag auf den 363. Tag des ägyptischen Jahres, was dem 2. Juni der koptischen Liturgie entsprach.

Bereits die Geburt des Seth bedeutete den Beginn des Chaos. So wurde berichtet, dass Seth seiner Mutter aus dem Körper sprang und dabei ihre Seite durchbrach.

Schon bald war er als rachsüchtiger und bösartiger Gott gefürchtet.

Sein Geburtstag galt als Tag des Unglücks, an dem man sein Haus besser nicht verlassen sollte.

Verbindung zu den Pharaonen

Von einigen Pharaonen wurde Seth jedoch durchaus verehrt. So bezeichnete sich Thutmosis III. (um 1486 bis 1425 v. Chr.) als „Geliebter des Seth“.

Viele Darstellungen zeigten Seth mit den Pharaonen bei der Thronbesteigung oder Segnungen.

Pharaonen der 19. und 20. Dynastie wie Sethos und Sethnacht erhielten seinen Namen.

Seth und Osiris

Zu den bekanntesten Legenden über Seth gehörte der Osiris-Mythos, in dem ein Zwist zwischen Seth und Osiris sowie dessen Sohn Horus herrschte.

Während Seth Herrscher der öden Wüste war, fiel seinem Bruder Osiris das fruchtbare Land Ägyptens zu, was wiederum den Neid Seths hervorrief.

Schließlich plante Seth, seinen Bruder zu ermorden, um selbst die Herrschaft zu übernehmen.

Ermordung des Osiris

Um Osiris für immer zu beseitigen, scharte Seth 72 Mitverschwörer sowie Aso, die Königin von Nubien, um sich.

Von Aso erhielt der Wüstengott einen großen Holzkasten, der die Maße von Osiris besaß. Diese Maße hatte sich Seth heimlich verschafft.

Seth lud den arglosen Osiris auf ein Fest ein, auf dem er den Holzkasten demjenigen zum Geschenk machen wollte, der in ihn hineinpasste.

Alle anderen Gäste versuchten vergeblich, in dem Kasten Platz zu nehmen. Zuletzt stieg schließlich Osiris in ihn hinein.

Kaum lag er in dem Holzkasten, wurde er von den 72 Schergen mit Blei versiegelt und auf Befehl von Seth in den Nil geworfen.

Der zweite Versuch

Es dauerte nicht lange, bis Osiris‘ Gemahlin Isis nach dem versenkten Sarg suchte, der mittlerweile bis nach Byblos gespült worden war.

Dort umwuchs ihn ein Akazienbaum. Isis gelang es, den Sarg zu bergen.

Als Seth davon erfuhr, stahl er den Sarg, um die Leiche seines Bruders zu zerstückeln.

In der Hoffnung, ihn dadurch für immer loszuwerden, warf er die einzelnen Leichenteile in verschiedene Stellen des Nils.

Isis gab jedoch nicht auf und suchte auch nach den zerstückelten Leichenteilen.

Als die Göttin sie alle gefunden hatte, konnte sie sie gemeinsam mit Anubis wieder zusammensetzen.

Mit Magie nahm sie die Gestalt eines Milans an, um ihren Gemahl wieder zum Leben zu erwecken. Dabei kam es zur Zeugung des gemeinsamen Sohnes Horus.

Trotz seiner Wiedererweckung beschloss Osiris aus Enttäuschung über das schändliche Verbrechen seines Bruders, im Jenseits zu bleiben und dort als Totengott und Herrscher des Totenreiches zu wirken.

Konflikt zwischen Seth und Horus

Als Osiris‘ Sohn Horus alt genug war, nahm er den Kampf gegen seinen Onkel auf und machte ihm den Thron von Ägypten streitig, was zu einem erbitterten Krieg führte.

Dabei standen Horus einige Götter zur Seite.

Seth musste einige Niederlagen und Verwundungen einstecken, von denen er sich jedoch immer wieder erholte.

Es gelang Horus nicht, ihn zu besiegen. Durch seine Listen konnte Seth den Krieg immer weiter in die Länge ziehen.

Schließlich brachte er den Konflikt um die Thronfolge vor das Gericht der Götter.

Streit vor dem Tribunal

Die Verhandlung vor dem Tribunal der Götter nahm 80 Jahre in Anspruch.

Trotz dieser langen Zeit schafften es die Götter nicht, eine Einigung zu erzielen.

Grund dafür war die Unzuverlässigkeit des Gerichtshofes von Heliopolis. So teilten die Mitglieder des Gerichtshofes stets die Meinung des Zeugen, der zuletzt angehört wurde, wodurch es permanent zu Meinungswechseln kam.

Zwar nahmen die meisten Mitglieder des Tribunals die Position von Horus ein, doch der Vorsitzende Re-Harachte stand auf Seiten von Seth.

Als sich Schu und Thot für Horus aussprachen, glaubte Horus‘ Mutter Isis, dass der Streit nun endlich entschieden sei und ihr Sohn die Nachfolge des Osiris antreten konnte.

Dazu sollte Seth Horus das Auge aushändigen, welches das Symbol der Königsmacht darstellte.

Re-Harachte fühlte sich dadurch jedoch brüskiert und brachte die Götter dazu, Horus das Auge nicht zuteil werden zu lassen.

Seth bereute mittlerweile vor Gericht gegangen zu sein und lehnte das Urteil ab.

Stattdessen forderte er Horus zum Zweikampf heraus. Weil Thot damit jedoch nicht einverstanden war, befand sich das Tribunal wiederum in einer Sackgasse.

Die Verhandlung ging weiter und es wurden verschiedene Götter angehört, wie zum Beispiel Neith.

Diese war der Meinung, dass Seth eine Entschädigung zustünde. So sollte sein Besitz verdoppelt werden und er sollte die beiden Frauen Astarte und Anath erhalten. Das Gericht konnte sich jedoch erneut nicht einigen.

Isis überlistet Seth

Durch eine List von Isis geriet Seth in Erklärungsnot. Isis nahm die Gestalt eines Mädchens an und erzählte dem Wüstengott folgende Geschichte:

Nachdem ihr Mann gestorben war, seien sie und ihr Sohn zurückgeblieben. Von einem Fremden wurde sie bedroht, der ihnen ihr Vieh wegnehmen und sie fortjagen wollte.

Sie bat nun Seth um Beistand, der sich empört über das Verhalten des Fremden zeigte. Seiner Meinung nach war der Sohn der rechtmäßige Erbe und das Vieh stand allein ihm zu.

Daraufhin verwandelte sich Isis wiederum in einen Milan und rief Seth zu, dass er sein eigenes Urteil gesprochen hätte.

Voller Verärgerung, auf Isis‘ List hereingefallen zu sein, wandte sich Seth hilfesuchend an Re-Astarte.

Dieser war jedoch ebenfalls der Meinung, dass sich Seth selbst verurteilt hatte, und ordnete an, dass Horus zum König von Ägypten werden sollte.

Seth gibt nicht auf

Seth gab sich jedoch nicht geschlagen und forderte Horus zu einem Zweikampf heraus.

Die Götter waren damit einverstanden und die beiden Kontrahenten verwandelten sich in Nilpferde, die im Nil untertauchten.

Wer als erstes aus dem Wasser auftauchte, hatte verloren.

Der Zweikampf brachte jedoch ebenfalls keine Entscheidung.

Im weiteren Verlauf riss Seth Horus die Augen heraus.

Durch das Eingreifen von Hathor konnte Horus jedoch sein Augenlicht wieder zurückerhalten.

Die Entscheidung über die Königswürde ließ jedoch abermals auf sich warten.

Vor Gericht kämpften beide Seiten erbittert mit gegenseitiger Verleumdung, Betrug und sogar Gewalt weiter.

Seths Niederlage

Die Entscheidung brachte schließlich Osiris. Auf Anraten von Thot sollte er den Urteilsspruch fällen.

Osiris sprach sich für seinen Sohn Horus aus und warf den Göttern vor, seinen Sprössling schlecht behandelt zu haben und viel zu lange für ein Urteil zu brauchen. Außerdem kritisierte er die Missachtung Maats.

Um seinen Standpunkt zu unterstreichen, drohte Osiris damit, dass letztlich alle Wesen dem Urteil des Totengottes unterstanden.

Diese Warnung machte Eindruck auf die Götter und sie sprachen sich zugunsten von Horus aus.

Seth wurde in Ketten gelegt und musste sich vor den Göttern verantworten.

Re-Harachte zeigte Gnade mit ihm und nahm ihn bei sich auf, damit er in Zukunft mit ihm im Himmel lebte und dort durch Donner Furcht einflößte.

Einer anderen Legende zufolge fand die Verbannung Seths in den Himmel statt. Dort erhielt er als Ausgleich für den verlorenen Thron Ägyptens einen Platz im Sternbild des Großen Bären.

Stätten der Verehrung

Im Mittleren Reich gehörte Seth zu den bedeutendsten ägyptischen Göttern.

Eine der ältesten Stätten der kultischen Verehrung befand sich in Ombos (Nubt) in der Nähe von Luxor.

Besonders groß fiel die Verehrung Seths im 11. oberägyptischen Gau aus, dessen Wappen das Seth-Tier war.

Auch in der Wüste und den fruchtbaren Oasen erhielt Seth Anerkennung und Respekt.